Die Wasserversorgung
Die Entstehung
In der Frühzeit Pompejis wurde das Wasser für die Stadt in den Atrien gesammelt (jedes Atrium hatte in der Mitte eine Vertiefung, in der sich das Wasser von den Dächern sammelte). Dieses in späterer Zeit nur noch als Schmuckbecken genutzte Wasserauffangbecken war aus der dringenden Notwendigkeit entstanden, Wasser in das Haus zu bringen. Denn trotz der Nähe zu Meer und Fluß wären es doch noch einige Kilometer zu laufen gewesen, um Wasser zu holen. Dies trifft erst recht auf die Felder zu, die teilweise etliche Kilometer entfernt lagen. Dort hatte man aber auch nicht die Möglichkeit, Atrien zu bauen, so daß man dort Brunnen graben mußte. Auch die öffentlichen Thermen benötigten deutlich mehr Wasser als das vom Dach aufgefangene Regenwasser. Die dort gebauten Brunnen sowie die an einigen Stellen der Stadt stehenden öffentlichen Brunnen hatten jeweils eine Tiefe von etwa 30 Metern.
Eine deutliche Verbesserung trat mit der Einführung der Wasserleitung (Aquädukt) unter Augustus ein. Die alten Grundwasserbrunnen wurden zwar stehengelassen, aber an allen Straßenecken wurden von der Wasserleitung gespeiste Brunnen neu gebaut. Auch fast alle Haushalte ließen sich eine Wasserleitung in ihr Haus bauen, lediglich die ärmste Schicht mußte sich weiter mit den öffentlichen Brunnen begnügen.
Die Verteilung des Wassers an sich war sehr ausgeklügelt. Das Aquädukt entnahm das Wasser den etwas 50 Kilometer entfernten Quellen des Acquaro nahe Serino, das mit mehreren Abzweigungen auch nach Pompeji geführt wurde. Dort wurde es in einen großen Zentralwasserspeicher im Norden der Stadt gefüllt, der das Wasser direkt an die Thermen und weitere Zwischenwasserspeicher verteilte. Von diesen Zwischenspeichern wurde das Wasser schließlich an die Haushalte und Brunnen abgegeben. Zum Transport des Wassers wurden Bleirohre verwendet, die aneinander geschweißt waren. Oftmals war auch der Schriftzug (usibus) publ(icis) Pompe(ianorum) eingraviert.
Ähnlich komplex war das Abwassersystem. Unter sämtlichen Straßen waren wiederum Kanäle verlegt, die das Wasser sammelten und schließlich in den Sarno leiteten.
Die Architektur dieses Systems versetzt einen immer wieder in Staunen, vor allem wenn man betrachtet, welche Kenntnisse in der Hydraulik, Architektur und Stadtplanung vorhanden gewesen sein müssen, um einen reibungslosen Zu- und Ablauf sicherzustellen. Lediglich die Verwendung von Blei für die Leitungen ist aus heutiger Sicht sehr bedenklich: Daß Blei gesundheitliche Schäden hervorrufen kann, wurde in römischer Zeit höchstens vermutet.
Doch das Erdbeben von 62 hinterließ deutliche Spuren: Die Wasserversorgung war völlig zusammengebrochen, weil viele Wasserleitungen die Belastung nicht ausgehalten hatten. 79 n. Chr. war erst eines von drei Bädern wieder mit Wasser versorgt, die privaten Haushalte mußten ihr Wasser teilweise noch an den öffentlichen Brunnen holen.